Zum Hauptinhalt springen

Mitteilungen

Dienstfahrzeug/ Botenfahrzeug - Haftungsfragen

Häufig stellt das Labor einem Mitarbeiter für den Botendienst einen Dienstwagen/ein Kfz zur Verfügung. Es wird die Frage nach der Haftung sowohl des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers gestellt.

 

Dienstfahrzeug/Botenfahrzeug

Haftungsfragen

Häufig stellt das Labor einem Mitarbeiter für den Botendienst einen Dienstwagen/ein Kfz zur Verfügung. Es wird die Frage nach der Haftung sowohl des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers gestellt.

Zu unterscheiden ist die Haftung bei Sach- und Vermögensschäden und die Haftung bei Personenschäden.

Haftung bei Sach- und Vermögensschäden

Grundsätzlich haftet der Arbeitnehmer wie jeder andere auch für den Schaden, den er einem anderen zufügt (deliktische Haftung/Haftung aus unerlaubter Handlung).

Neben diese allgemeine Schadensersatzpflicht tritt die Haftung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber wegen einer Pflichtverletzung aus dem Arbeitsvertrag (§ 280 BGB).

Besondere Beweissituation

Für vertragliche Ersatzansprüche (§ 280 BGB) greift im Arbeitsrecht eine Sonderregelung. Nach

§ 619a BGB trägt der Arbeitgeber in einem Prozess die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs. Gleiches gilt für die Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB). Der Arbeitgeber muss – sollte es zu einem Prozess kommen – vortragen, welche Pflicht bzw. welches Rechtsgut der Arbeitnehmer verletzt und, ob er vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, sowie den durch die Pflichtverletzung entstandenen Schaden beschreiben und beziffern. Bestreitet der Arbeitnehmer das Vorliegen der Voraussetzungen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese zu beweisen. Diese Regelungen können weder im Arbeitsvertrag, noch in einem Tarifvertrag zu Lasten des Arbeitnehmers geändert werden.

Haftungsmilderung nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs

Zum Schutz des Arbeitnehmers hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine Haftungsprivilegierung entwickelt, die sowohl auf vertragliche als auch auf Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung angewendet wird. Hintergrund ist, dass die Gefahren des Fahrzeugs dem Arbeitgeber zugerechnet werden. Zudem trägt der Arbeitgeber die Verantwortung für das Fahrzeug und die Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Somit gilt für alle betrieblich veranlassten Fahrten des Arbeitnehmers die Haftungsprivilegierung.

Keine betrieblich veranlassten Tätigkeiten stellen hingegen die Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos und einen lediglich zeitlich-räumlicher Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis (etwa Unterbrechung einer Dienstfahrt für private Einkäufe, Fahrten zum Arzttermin der Ehefrau) dar.

Verschuldensgrad des Arbeitnehmers

Liegt eine betrieblich veranlasste Tätigkeit vor, richtet sich die Haftungssumme nach dem Verschuldensgrad des Arbeitnehmers/Fahrers.

Vorsatz bzw. grobe Fahrlässigkeit

Dem Arbeitnehmer ist bewusst, dass er durch sein Verhalten möglicherweise eine Pflicht oder ein Rechtsgut verletzt, er nimmt die Schadensfolge jedoch zumindest billigend in Kauf (Vorsatz).
Der Arbeitnehmer verletzt die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße und lässt unbeachtet, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (grobe Fahrlässigkeit).

Folge: Grundsätzlich haftet der Arbeitnehmer auf die volle Summe. Eine Minderung kommt allenfalls bei besonderen Umständen des Einzelfalls (z.B. entstandener Schaden steht außer Verhältnis zum Verdienst, Existenzgefährdung des Arbeitnehmers) in Betracht.

Mittlere Fahrlässigkeit

Der Arbeitnehmer verletzt die im Verkehr erforderliche Sorgfalt. Es liegt weder grobe, noch leichte Fahrlässigkeit vor.

Folge: Es erfolgt eine Quotelung der Haftungssumme zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die sich nach den Umständen des Einzelfalls (wie Abwägung der Gesamtumstände, Schadensanlass, Folgen, Billigkeit, Höhe des Arbeitsentgelts, Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit, Dauer der Betriebszugehörigkeit, usw.) orientiert.

Bedeutsam ist hier die Rechtsprechung, wonach der Arbeitgeber sich so behandeln lassen muss, als habe er eine übliche und zumutbare Versicherung abgeschlossen. Daraus folgt im Kfz-Bereich eine Obliegenheit zum Abschluss einer Vollkaskoversicherung mit dem üblichen Selbstbehalt. Da die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensersatzes zwingendes Recht sind, ist eine Vereinbarung unzulässig, die die Haftung des Arbeitnehmers ausschließt.

Auch wenn eine pauschale Höchstbegrenzung für eine Haftung vom BAG zwar abgelehnt wird, orientiert sich die Rechtsprechung der Arbeits- und Landesarbeitsgerichte häufig an dem Maßstab von einem Bruttomonatsentgelt bei mittlerer Fahrlässigkeit und drei Bruttomonatsentgelten bei grober Fahrlässigkeit (siehe oben). Diese muss jedoch im Einzelfall dargelegt und begründet und darf nicht pauschal ausgeurteilt werden.

Leichte Fahrlässigkeit

Leichte Fahrlässigkeit liegt bei lediglich geringfügigen Sorgfaltsverstößen, insbesondere beim Vergreifen oder Vertun des Fahrers vor (z.B. versehentlich falsche Blinkersetzung).

Folge: Der Arbeitnehmer haftet für den eingetretenen Schaden gar nicht. Der Arbeitgeber trägt den gesamten Schaden selbst.

Diese Grundsätze sind nach der Rechtsprechung des BAG „einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht“. Sie können also im Arbeitsvertrag nicht zu Lasten des Arbeitnehmers geändert werden.

In diesem Falle hat jedoch nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer das Vorliegen einer betrieblich veranlassten Tätigkeit darzulegen und zu beweisen, will er in den Genuss dieser Haftungsprivilegierung gelangen.

Bei Sachschäden gegenüber Arbeitskollegen hat der Arbeitnehmer im Falle, dass die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs bei betrieblich veranlasster Tätigkeit greifen, gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Freistellung von den gegen ihn erhobenen Schadensersatzansprüchen bzw. einen Erstattungsanspruch, wenn er den Schaden bereits beglichen hat.

Ein Mitverschulden des Arbeitgebers ist zu berücksichtigen, etwa bei Überlassung eines nicht verkehrssicheren Fahrzeugs oder die Anstiftung zu einer Fahrt ohne Fahrerlaubnis.

Haftung bei Personenschäden

Verletzt der Fahrer den Körper, die Gesundheit oder das Leben eines anderen Menschen, so ist er diesem (bzw. dessen Angehörigen) zum Schadensersatz verpflichtet. Diese „deliktische Schadensersatzhaftung“ unterliegt jedoch, abhängig von der jeweils geschädigten Person, arbeitsrechtlichen Spezialregelungen.

Hat der Arbeitnehmer nur fahrlässig gehandelt, tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs dann ein öffentlich-rechtlicher Anspruch des Arbeitgebers gegen die zuständige Berufsgenossenschaft als Trägerin der Unfallversicherung. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist.

Voraussetzung für diese Haftungsfreistellung des Arbeitnehmers ist freilich, dass eine betriebliche Tätigkeit/Fahrt für den Versicherungsfall ursächlich war.

Vollkaskoversicherung

Der Arbeitgeber ist zwar zum Abschluss einer Vollkaskoversicherung für Firmenfahrzeuge nicht verpflichtet, muss aber den unterlassenen Vertragsschluss (Obliegenheitsverletzung) im Schadensfall gegen sich gelten lassen. In der Praxis bedeutet dies dann, dass der Kaskovertrag fingiert wird, d.h. eine eingetretene Haftung des Mitarbeiters wird auf die Höhe der Selbstbeteiligung in der Kaskoversicherung beschränkt.

Bei Fahrten mit einem Firmenwagen gilt ebenfalls das dreistufige Fahrlässigkeitsmodell (siehe oben). Die Praxis ist jedoch meist unkomplizierter, weil Unternehmen ihre Dienstwagen in der Regel Vollkasko versichern.

Und die Vollkasko-Versicherung trägt auch Schäden, die durch eigenes Verschulden verursacht sind. Dem Arbeitnehmer kann nur der im Versicherungsvertrag vereinbarte Eigenanteil aufgebrummt werden.

Hat der Arbeitgeber keine Vollkasko-Versicherung abgeschlossen, sich also die Prämie gespart,

darf das nicht zum Problem des Mitarbeiters werden. In einem solchen Fall muss er ebenfalls nur bis zur Höhe der üblichen Selbstbeteiligung haften.

Steigt nach einem Unfall die Prämie in der Versicherung an, kann der Arbeitgeber sich das Geld dafür nur von seinem Mitarbeiter zurückholen, wenn der den Unfall grob fahrlässig verursacht hat.

⇒Dienstfahrzeug_Botenfahrzeug_Haftung.pdf